Dass Physikunterricht in der Oberstufe auch alles andere als trocken und weltfern sein kann – das zu zeigen, ist dem Haselünner Physiklehrer Dr. Tobias Allmers ein echtes Anliegen. „Gerade während der Qualifikationsphase – also in den letzten beiden Schuljahren – versuche ich immer Projekte mit dem Physikkurs zu realisieren.“ berichtet er. „Dies soll zum einen Physik im Alltag veranschaulichen und zum anderen den Interessen des Kurses gerecht werden.“ Aus diesem Grunde steht auch auf dem Pult im Physikraum ein Gerät: Lego-Steine, Zahnräder, Gummibänder und Kabel bilden ein kompaktes Ganzes. Dass am Kreisgymnasium St. Ursula mit Lego vor allem geforscht und experimentiert wird, dürfte bekannt sein, doch dieses Gerät ist neu; es handelt sich um ein so genanntes Interferometer, ein faszinierendes Instrument, welches in der aktuellen Forschung zur Detektion von Gravitationswellen eingesetzt wird und das sich (in der) zur Demonstration von quantenmechanischen Zusammenhängen eignet. Bei der hier realisierten Variante handelt es sich um einen Nachbau des Lego-Interferometers, der an der Universität Osnabrück entwickelt wurde.
Die Funktionsweise eines Laserinterferometers beruht auf der Erzeugung eines Laserstrahls, der auf einen halbdurchlässigen Spiegel trifft und dann in zwei Strahlen aufgeteilt wird. Einer der Strahlen wird direkt auf das zu messende Objekt gerichtet, während der andere Strahl auf einen zweiten Spiegel, dem so genannten „Referenzspiegel“, reflektiert wird. Die beiden Strahlen werden dann wieder zusammengeführt, und es entsteht ein Interferenzmuster, das auf einem Empfänger registriert wird.
Beim Zurückkehren zum halbdurchlässigen Spiegel überlagern die beiden Strahlen einander und bilden ein ringförmiges Muster. Die Helligkeit der Ringe hängt von der relativen Phase der beiden Strahlen ab: Wenn beispielsweise beide Strahlen eine exakt gleiche Phase haben, erzeugen sie konstruktive Interferenz: Die Wellenberge des einen Wellenzugs treffen dann auf die Wellenberge des anderen. Das Interferenzmuster wird dann hell. Wenn beide um eine halbe Wellenlänge verschoben sind, trifft ein Wellenberg auf ein Wellental – das Muster wird dunkel und man spricht von destruktiver Interferenz.
Auf diese Weise lassen sich kleinste Längenänderungen des Lichtweges durch die Änderungen des Interferenzbildes beobachten. „Dass sich die Interferenzen als konzentrische Kreise in unterschiedlichen Helligkeiten zeigen, liegt daran, dass das Licht durch eine Linse aufgeweitet wird,“ erklärt Kursleiter Dr. Tobias Allmers seinen anwesenden Schülern. „Um die Änderungen des Lichtweges zu erfassen, werden einfach die Übergänge von Hell zu Dunkel in der Mitte der Interferenzfigur gezählt“. Veränderung, die hier beobachtet werden, entsprechen einem Viertel der Wellenlänge des verwendeten Laserlichts – im Falle eines typischen roten Lasers sind das Änderungen in einem Bereich von weniger als einem Zehntausendstel eines Millimeters! So kann mit dem Interferometer beispielsweise die Ausdehnung einer Schraube bei Erwärmung oder Abkühlung messen.
Das Interferometer leistet aber noch mehr. In einer anderen Konfiguration können sogenannte „Welcher-Weg-Experimente“ durchgeführt werden, die eindrucksvoll zeigen, dass zur Beschreibung von quantenmechanischen Phänomenen neben den Welleneigenschaften auch Teilcheneigenschaften notwendig sind. – Die Jugendlichen in Dr. Allmers’ Physikkurs sind von ihrem neuen Messgerät sichtlich angetan: „Toll, so was aus Lego aufgebaut zu sehen!“ äußert sich Thomas aus dem Jahrgang 13). „Und dabei überrascht das kompakte Design“, merkt Johanna (ebenfalls Jg. 13) an. Die Kursteilnehmer sind ferner davon begeistert, wie einfach sich das Lego-Laserinferometer des KGH justieren lässt.