„Der Tag war am interessantesten, als Mario gesprochen hat“, „das Highlight des Tages war Mario Röllig“, er sei „besonders ergreifend“ gewesen. – Der Mann, der die Elftklässler des Kreisgymnasium Haselünne zu solchen Lobeshymnen veranlasst, heißt Mario Röllig und saß 1987 im Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen, nachdem er versucht hatte, illegal die DDR zu verlassen. Röllig war am 15. September zusammen mit weiteren Vertretern wie der emsländischen Sozialdezernentin Dr. Sigrid Kraujuttis oder Nadja Achon von der Erwachsenenmigrationsberatung des Deutschen Roten Kreuzes für einen informativen Vormittag in Haselünne; das Projekt namens „Fluchtpunkte“ führte die Fachschaft Politik gemeinsam mit multivision e.V., einem Verein zur Jugend- und Erwachsenenbildung, sowie der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur durch.
„Wir wollten mit diesem Projekttag unseren Schülern die Gelegenheit geben, sich sowohl vertieft mit den Erfahrungen von Flucht auseinanderzusetzen, als auch mit den Perspektiven von und auf Geflüchtete.“, erklärt Markus Schaefer, der als Fachobmann für Politik das Projekt mit seinen Kollegen Stefanie Böhmann und Robert Rühlmann geplant und durchgeführt hat.
Die Projektvorbereitung geschah mithilfe ebenso umfangreicher wie anspruchsvoller Materialien im Unterricht und im Rahmen häuslicher Recherchearbeit. So beschäftigten sich die Schüler in Kleingruppen mit verschiedenen Aspekten der Asylproblematik: Fakten und Hintergründe – Dublin-Abkommen, Bleibestatus – ebenso wie mit unterschiedlichen Meinungen zum Umgang mit dieser Herausforderung. Die Ergebnisse dieser Vorbereitungsphase flossen in den Projekttag ein, indem einzelne Vertreter des Jahrgangs 11 ihre Präsentationen dem Jahrgangsplenum sowie den Gästen vorstellten.
„Es ist im Moment anspruchsvoll, Abwägungen zwischen Bildungsauftrag und Infektionsschutz vorzunehmen. Wir haben deshalb die Veranstaltung auf nur etwa 50 Teilnehmer einer Kohorte begrenzt und sie ins großzügige neue Forum verlegt, das ausreichend Abstände ermöglicht und eine steuerbare Frischluftzufuhr hat“, gibt Norbert Schlee-Schüler, Leiter des Haselünner Gymnasiums zu bedenken. „An dieser Stelle war uns wichtig, die Debatte zu ermöglichen, mit Erfahrungen aus erster Hand anzureichern und unsere Schüler für die hochaktuelle und sich verschärfende Problematik der Flucht in, aus und nach Deutschland zu sensibilisieren.“ So richtete sich die Veranstaltung aus Infektionsschutzgründen nicht an die gesamte Oberstufe, sondern lediglich den 11. Jahrgang und umfasste weniger interaktive Elemente wie beispielsweise Workshops.
Mit Informationen und Einblicken in die wissenschaftliche und politische Kontroversität des Themas Flucht wurde so ein selbständiges Urteil zur Sache bei den Schülern angebahnt. Mit vertieften Einblicken und lebhafter Diskussion gelang es, die Schülerinnen und Schülern in die Lage zu versetzen, die politisch komplexe Situation zu analysieren und mit ihren eigenen sowie ethischen Interessen abzugleichen. Ein faszinierender Vormittag am Kreisgymnasium Haselünne!